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16. November 2018

Schaaffhausen, Hermann Schaaffhausen, Hermann

Der Anthropologe Hermann Schaaffhausen ist der wissenschaftliche Erstbeschreiber des berühmten Urmenschen-Fundes aus dem Neandertal. Die Universitäts- und Landesbibliothek Bonn verwahrt einen Teil seines Nachlasses.

Hermann Schaaffhausen, Foto von Ferdinand Hax (ULB Bonn, Porträtsammlung)
Hermann Schaaffhausen, Foto von Ferdinand Hax (ULB Bonn, Porträtsammlung) © Creative Commons Gemeinfrei 1.0 International Lizenz
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Hermann Schaaffhausen wurde als Sohn einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie 1816 in Koblenz geboren. Nach seinem Studium in Bonn und Berlin promovierte er 1839 und habilitierte sich 1844 in Berlin.

Er wurde Privatdozent an der Universität Bonn in der Medizinischen Fakultät und las u.a. über „Anthropologie“ und „Urgeschichte des Menschen“.

Im Jahre 1855 wurde er zum außerordentlichen Professor befördert. Weitere Beförderungen blieben ihm versagt, eine Professur für Anthropologie, für die er zeitlebens kämpfte, wollte oder konnte das preußische Unterrichtsministerium in Berlin ihm nicht einrichten; selbst Gelder für ein anthropologisches Museum wurden ihm verwehrt. So blieb seine Karriere auf halbem Weg stecken.

Erst 1889 ernannte man ihn zum ordentlichen Honorarprofessor, eher eine Auszeichnung zum 50sten Doktorjubiläum denn ein Amt, wurden ihm doch Sitz und Stimme im Fakultätsrat Medizin weiterhin versagt.

Er starb vier Jahre später im Alter von 77 Jahren auf seinem Landsitz in Bad Honnef, der heute noch erhaltenen Villa Schaaffhausen.

Hermann Schaaffhausen war - und diese Bedeutung ist in der wissenschaftlichen Welt kaum beachtet -  der wissenschaftliche Erstbeschreiber des berühmten Neandertalerskelettes, welches im Neandertal 1856 gefunden und von Carl Fuhlrott gesichert wurde.

Er ordnete das Skelett als fossil ein und verteidigte diese Einschätzung gegenüber der ungläubigen deutschen Wissenschaft. Ihm ist es darüber hinaus zu verdanken, dass der namengebende Fund für einen ganzen Formenkreis in der Evolutionsgeschichte des Menschen heute noch in Bonn im Rheinischen Landesmuseum aufbewahrt wird. Er hatte das Skelett, das an das Kensington Museum in London verkauft werden sollte, für 1000 Mark für das damalige Provinzialmuseum in Bonn angekauft.

Hermann Schaaffhausen hatte jedoch bereits vor Auffinden des Fossils und vor der Publikation Darwins „On the Origin of Species“ 1853 eine größere Abhandlung „Über Beständigkeit und Umwandlung der Arten“ geschrieben, in der er Umweltfaktoren für die Entwicklung der Menschheit als ursächlich annahm.

Nicht nur diese Tatsache ist erstaunlich, sondern auch der Umstand, dass er diese Überzeugung mit seinem tiefen Glauben vereinbaren konnte. Er war lange Jahre aktiv im Kirchenvorstand der katholischen Remigiusgemeinde in Bonn tätig.

Es ist verwunderlich, dass Hermann Schaaffhausens Forschungsergebnisse im Ausland akzeptiert wurden, während er in Deutschland auf Widerstand stieß.

Besonders Rudolf Virchow und dessen Anhänger verneinten die Fossilität des Fundes. Der Streit zwischen beiden Gelehrten entbrannte allerdings hauptsächlich an dem sog. Sipka Unterkiefer, der 1888 in Mähren gefunden worden war.

Während Hermann Schaaffhausen weitere auch heute zu dem Neandertalerkreis gehörende Funde wie Spy und La Naulette als Beweis ansah, lehnten die meisten deutschen Forscher diese Einschätzung bis zu Virchows Tod ab.

Im Ausland, vor allem in England und Frankreich, wurden jedoch die Forschungsergebnisse Hermann Schaaffhausens akzeptiert. Er erhielt u.a. zahlreiche Würdigungen wie Ehrenmitgliedschaften in anthropologischen Vereinen und Orden für wissenschaftliche Verdienste.

Der Nachlass Hermann Schaaffhausens gelangte zumindest in Teilen 1943 in die Universitätsbibliothek Bonn. Dies belegt eine Akzessionsnummer aus diesem Jahr, die in einigen wenigen Dokumenten eingetragen ist. Herkunft und Umfang der damals vermutlich geschenkweise überlassenen Dokumente bleiben im Unklaren, da die Erwerbungsunterlagen aus dieser Zeit im Krieg verloren gingen.

Neben Briefen an Hermann Schaaffhausen umfasst der Teilnachlass Lebensdokumente, darunter zwei Widmungsexemplare der 1839 erschienenen Dissertation und verschiedene Urkunden. Besondere Bedeutung kommt den Werkmanuskripten zu, die durch zahlreiche Notizen, Exzerpte und Zeitungsausschnitte ergänzt werden.

Die Nachlassdokumente wurden 1966 von Dr. Helga Fremerey-Dohna geordnet. Später entstand das vorliegende Inhaltsverzeichnis zum in der Universitäts- und Landesbibliothek vorhandenen Teilnachlass Hermann Schaaffhausens. Die Korrespondenz ist darüber hinaus vollständig in Kalliope nachgewiesen.

Ein weiterer Teilnachlass befindet sich im Stadtarchiv Koblenz. Diese Dokumente sind nahezu vollständig digitalisiert und online einsehbar.

Zu Hermann Schaaffhausens 200. Geburtstag ehrte ihn eine Ausstellung in Bonn, welche vom Rheinischen  Landesmuseum Bonn und der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin, Köln, gemeinsam konzipiert wurde. Teile seines Nachlasses waren dort zu sehen und stehen, zusammen mit anderen Materialien, weiterhin online zur Verfügung.

Verfasserin: Dr. Ursula Zängl


Verzeichnis

Literatur

  • Chronik des Bonner Freundeskränzchens 1868 - 1893. Nach Aufzeichnungen von v. Dechen, v. Neufville und Saemisch. Dr. Theodor Saemisch (Hrsg.) 50jähriges Jubiläum. Bonn 1893
  • Fremerey-Dohna, Helga: Hermann Schaaffhausen. Materialien zu einer zukünftigen Biographie. In: Wege zur Buchwissenschaft. Otto Wenig ( Hrsg.). Bonner Beiträge zur Bibliotheks- und Bücherkunde Bd. 14., S. 97 – 150.
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