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28. Januar 2020

Kähler, Erich Kähler, Erich

Der Mathematiker Erich Kähler wurde 1906 in Leipzig geboren. Er habilitierte sich in Hamburg und wurde nach Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft an die Universität Leipzig und später nach Hamburg berufen. Sein Nachlass gelangte 2008 in die Universitäts- und Landesbibliothek Bonn.

Erich Kähler, Foto von Konrad Jacobs, Erlangen, via Wikimedia Commons
Erich Kähler, Foto von Konrad Jacobs, Erlangen, via Wikimedia Commons © CC BY-SA 2.0
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Erich Kähler wurde am 16. Januar 1906 in Leipzig geboren.

Er studierte von 1924 bis 1928 Mathematik, Physik und Astronomie in Leipzig und promovierte 1928 bei Leon Lichtenstein mit der Arbeit „Über die Existenz von Gleichgewichtsfiguren rotierender Flüssigkeiten, die sich aus gewissen Lösungen des n-Körperproblems ableiten“.

1929 ging er nach Hamburg und habilitierte sich dort 1930 unter Wilhelm Blaschke mit der Arbeit „Über die Integrale algebraischer Differentialgleichungen“.

Kähler erhielt 1931 ein Rockefeller-Stipendium, das ihm einen einjährigen Studienaufenthalt in Rom ermöglichte. Dort machte er sich mit den Ideen der bedeutenden italienischen Schule der algebraischen Geometrie bekannt.

1936 wurde er zum Ordinarius an die Universität Königsberg berufen.

Am Ende des 2. Weltkrieges war er Oberleutnant bei der Marine-Artillerie und zum Kriegsende Batteriechef in der Festung St. Nazaire an der Atlantikküste. In französischer Kriegsgefangenschaft erhielt er durch Vermittlung von F. Joliot-Curie und E. Cartan mathematische Literatur und durfte wissenschaftlich arbeiten.

Nach der Entlassung aus der Gefangenschaft und einer vorübergehenden Diätendozentur in Hamburg wurde Kähler 1948 zum ordentlichen Professor an die Universität Leipzig berufen. 1958 gab er die Professur in Leipzig aus Protest gegen die Inhaftierung des Studentenpfarrers Schmutzler auf.

Von 1958 bis 1964 wirkte er an der TU Berlin und von 1964 bis zu seiner 1974 erfolgten Emeritierung an der Universität Hamburg. Er blieb auch nach der Emeritierung wissenschaftlich aktiv.

Erich Kähler verstarb am 31. Mai 2000 in Wedel/Holstein.

Nach Arbeiten zum n-Körperproblem und zur Funktionentheorie mehrerer Variabler widmete sich Kähler besonders intensiv dem Kalkül der äußeren Differentialformen; seine „Einführung in die Theorie der Systeme von Differentialgleichungen“ ist ein Ergebnis dieser Studien.

Er betrachtete insbesondere Mannigfaltigkeiten, für welche die metrische Differentialform geschlossen ist. Solche Mannigfaltigkeiten und ihre Metriken werden heute als Kähler-Mannigfaltigkeiten bzw. Kähler-Metriken bezeichnet.

Sie spielen in verschiedenen Gebieten der Mathematik eine wichtige Rolle und sind neuerdings auch für die moderne theoretische Physik von großer Bedeutung.

Auf dem Gebiet der algebraischen Geometrie versuchte Kähler eine Synthese von algebraischen, arithmetischen und funktionentheoretischen Methoden. Sein Hauptwerk auf diesem Gebiet ist die „Geometria arithmetica“, ein in italienischer Sprache verfasster Zeitschriftenaufsatz von 399 Seiten Umfang.

Kähler nimmt hier gewisse Aspekte der Grothendieckschen, auf der Theorie der Schemata beruhenden Neubegründung der algebraischen Geometrie vorweg.

Er leistete auch Beiträge zur mathematischen Physik durch die neuartige Behandlung der Maxwellschen Gleichungen der Elektrodynamik und der Dirac-Gleichung mittels des Differentialformenkalküls.

Kähler verfolgte auch seine philosophischen Interessen mit großer Intensität. Ausdruck dieser Bemühungen sind eine Reihe von Vorträgen, Vorlesungen und Aufsätzen sowie seine leider nicht veröffentlichten, sondern nur als Schreibmaschinenmanuskripte verbreiteten Schriften „Die Mathematik als Sprache und Schrift“ (Leipzig 1950, 113 S.) und „Monadologie“ (3 Teile, Hamburg 1977-1980, 194 S.).

In letzterem Werk versucht Kähler, „die Leibnizsche Monadologie mathematisch zu formulieren, was zur Zeit von Leibniz noch nicht gelingen konnte, weil erst die mathematischen Entdeckungen des 19. Jahrhunderts die Voraussetzungen dafür geschaffen haben.“

Der Nachlass von Erich Kähler wurde der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn 2008 von seiner Witwe, Frau Charlotte Kähler, übereignet. Im Jahr 2012 wurde der Nachlass durch eine Schenkung aus dem Besitz von Prof. Dr. Horst Schumann (Leipzig) ergänzt.

Anfang des Jahres 2017 übergab Erich Kählers Sohn, Prof. Dr. Helmuth Kähler, der Universitäts- und Landesbibliothek ein weiteres Konvolut mit Dokumenten, die dem Nachlass in Kapsel 22 hinzugefügt wurden.

Zusätzliche Dokumente konnten 2019 aus Privatbesitz erworben werden und ergänzen den Nachlass in den Kapseln 23 bis 25.

Der Nachlass wird durch ein detailliertes Inhaltsverzeichnis erschlossen.

Die Benutzung des Nachlasses unterliegt den Bestimmungen des Gesetzes über die Sicherung und Nutzung öffentlichen Archivguts im Lande Nordrhein-Westfalen.

Verfasser: Prof. Dr. Walter Purkert



Verzeichnis

  • Purkert, Walter; Kurtz, Frithjof: Nachlass Erich Kähler. Inhaltsverzeichnis. Bonn 2011-2012. Zuletzt aktualisiert am 14.01.2020
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