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21. Januar 2025

Zum 150. Geburtstag des Bonner Orientalisten Paul Kahle (1875-1964) Zum 150. Geburtstag des Bonner Orientalisten Paul Kahle (1875-1964)

Paul Kahle
Paul Kahle - Bildausschnitt eines Gruppenfotos, vermutlich aufgenommen beim internationalen Kongress der Orientalisten in Oxford 1928 © ULB Bonn
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Paul Kahle, der am 21. Januar 1875 in Hohenstein (Ostpreußen) geboren wurde, gilt als einer der bekanntesten Orientalisten des 20. Jahrhunderts.

1894 begann er ein Studium der evangelischen Theologie in Marburg, das er ab 1895 mit Orientalischen Studien kombinierte. Im gleichen Jahr wechselte er an die Universität Halle-Wittenberg, wo er beide Fächer mit der Promotion abschloss: 1898 in Orientalistik, 1902 in Theologie. Zusätzlich legte er noch das 2. theologische Staatsexamen ab.  

Von 1903 bis 1908 war er als Pfarrer in Kairo tätig. Dort lernte er Arabisch und beschäftigte sich eingehend mit dem arabischen Schattentheater. Letzteres erhob er zum Gegenstand seiner Habilitation, die er 1909 in Halle einreichte. 1914 folgte er einem Ruf an die Bonner Universität, wo er auch die Direktion des Orientalischen Seminars übernahm. Dank seiner Führung und wegweisenden Forschung wurde das Bonner Orientalische Seminar zu einem der führenden Institutionen in Deutschland und Europa.

Im „Dritten Reich“ fiel der renommierte Orientalist bei den Nationalsozialisten in Ungnade, was hauptsächlich an dem Engagement seiner Frau lag. 1917 hatte er die Lehrerin Marie Gisevius (1893-1948) geheiratet. Von Anfang an stand sie der nationalsozialistischen Regierung kritisch gegenüber. Nach der Reichspogromnacht im November 1938, in der Synagogen angezündet und jüdische Geschäfte verwüstet wurden, halfen sie und ihr ältester Sohn Wilhelm der jüdischen Ladeninhaberin Emilie Goldstein bei den Aufräumarbeiten. Als Konsequenz wurde die gesamte Familie systematisch drangsaliert. Für Paul Kahle bedeutete das erst wissenschaftliche Isolation, dann Ausschluss aus dem Lehrkörper und schließlich den Verlust seiner Pensionsansprüche. Um dem enormen Druck vor allem auf Marie und Wilhelm Kahle zu entgehen, gelang der insgesamt siebenköpfigen Familie 1939 schließlich die Flucht nach England. Zwei Jahre später wurde allen Familienmitgliedern die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen.  

In England konnte Paul Kahle mit Hilfe von Forschungsprojekten sowohl seine Arbeit fortsetzen, als auch den Lebensunterhalt sichern. Erst 1963 kehrte er nach Deutschland zurück, allerdings nicht nach Bonn, sondern nach Düsseldorf, wo sich sein Sohn Hans niedergelassen hatte. Dort ver­starb er am 24. September 1964 an den Folgen eines Unfalls.


Der Hauptnachlass Paul Kahles befindet sich im Deutschen Exilarchiv. Die ULB besitzt nur einen kleinen Teilnachlass, darunter einen Brief und eine Postkarte Marie Kahles an ihren Mann sowie Briefe Paul Kahles in anderen Nachlässen, die in Kalliope nachgewiesen sind.

Zur Person von Marie Kahle empfehlen wir den Aufsatz von Christine Schirrmacher: „Marie Kahle (1893-1948): Bonner Professorengattin, Pädagogin und Gegnerin des NS-Regimes.” In: Andrea Stieldorf; Ursula Mättig; Ines Neffen (Hg.). Doch plötzlich jetzt emanzipiert will Wissenschaft sie treiben. Frauen an der Universität Bonn (1818-2018). V&R Unipress: Göttingen, S. 137-164. Der Sammelband ist freizugänglich im Repositorium bonndoc der ULB Bonn.

Marie Kahle
Marie Kahle - Glasplatte in der Bonngasse Bonn © Wikimedia Commons
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